Wenn der Keller vollgelaufen ist.

WDR Interview
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Interview [Audio]

WDR 2 interviewte mich zum Thema Hochwasserschäden [Elementarschäden].

Welche baulichen Maßnahmen können Hausbesitzer treffen, um sich vor Wasserschäden durch Naturkatastrophen zu schützen (also Hochwasser)? Man sagt ja eigentlich immer – das Wasser bahnt sich seinen Weg. Gibt es dennoch Vorsorgemöglichkeiten?

Grundsätzlich fängt der Hochwasserschutz bereits bei der Planung an. Je nach Grundwasserstand oder planerischen Vorgaben ist eine sogenannte schwarze oder weiße Wanne im Kellergeschoss auszuführen. Solche Konstruktionen verhindern das Eindringen von aufstauendem Grundwasser aus dem Erdreich direkt über die Kellerwände entweder mittels wasserundurchlässigen Beton oder die zusätzliche äußere Abdichtung.
Weiterhin kann man bei der Planung der Außenanlagen bedingt landschaftsplanerisch auf die Situation reagieren, d. h. die Außenanlagen sollten durch Geländemodulation, so angelegt werden, dass Oberflächen- und Niederschlagswasser die Möglichkeit hat natürlich abzufließen. Auch sollten Bereiche ohne Flächenversiegelung oder Pflasterung, z. B. speziell angelegte Sickerflächen, berücksichtigt werden, so dass anstauendes Niederschlagswasser ausreichend vom Erdreich aufgenommen werden kann.
Im Rahmen der letztjährigen Flutereignisse habe ich auch schon Fälle erlebt, wo man durch Erhöhung der Einfriedungsmauern und aufwändige Dammbalkensysteme vor Fensteröffnungen (also klassische, mobile Hochwasserschutzwände aus Metallbalken oder Schalungsbrettern) versuchte den Elementarschaden am Wohnhaus zu vermeiden. Leider ist die Wasserstandshöhe nicht immer zentimetergenau vorherzusagen.
Meist bahnt sich das Wasser also seinen Weg über die Kellerlichtschächte ins Gebäude. Für den Bereich der Gebäudeöffnungen gibt es z. B. wasserdichte, rückstausichere Fenstersysteme, die sich optisch nicht wesentlich von konventionellen Systemen unterscheiden. Diese Fenster bieten Schutz vor aufstauendem und anstehendem Wasser und verfügen über eine Sicherheitsverglasung, ein spezielles Beschlagssystem und besondere Rahmendichtungen. Allerdings sind solche Fenster nur bedingt für den Altbau- oder Sanierungsbereich geeignet, da üblicherweise die Fensterrahmen direkt im Betonwerk oder vor Ort eingesetzt werden. Zwischen Rahmen und Fensterlaibung kann sich andernfalls bei nicht fachgerechtem Einbau eine Schwachstelle ergeben.
Zudem werden auch druckwasserdichte Wanddurchführungen und spezielle Lichtschächte für aufstauendes Grundwasser am Markt angeboten. Rückstausicherungen für Bodeneinläufe sind zumeist ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.

Wie sieht es da kostentechnisch aus? Kann man ungefähr sagen, was beispielsweise der Einbau eines Schutzfensters kosten würde?

Der eigentliche Einbauaufwand von wasserdruckdichten Fenstern ist relativ kostenneutral, jedoch liegen die Materialkosten selbst bei einem klassischen Kellerfenster von 80×60 cm in etwa doppelt so hoch wie bei konventionellen Fenstern.
Ich würde sagen, dass, mit Ausnahme von technisch aufwändigen Systemen wie z. B. mobile Hochwasserschutzbarrieren, viele Maßnahmen, die bereits während der Planung frühzeitig berücksichtigt werden, das Budget nur unwesentlich oder allenfalls in einem überschaubaren Rahmen belasten.

Was machen die meisten Leute falsch, wenn Sie sich vor Wasserschäden schützen wollen? Was sollte man auf keinen Fall machen, also welche Veränderungen am Haus beispielsweise?

Die Gebäudeaußenhaut sollte im Sockelbereich mit Sperrputz oder Steinzeugfliesen versehen sein, man sollte hier möglichst kein Verblendmauerwerk oder eine Holzschalung mit einer Luftschicht planen.
Elektrische Installationen, wie z. B. Stromverteilkästen, gehören im hochwassergefährdeten Gebiet nicht in die Kellerräume, auch können Installationen und Steckdosen, gerade im Kellerbereich, höher verlegt werden.
Öltanks im Kellergeschoss müssen auf jeden Fall auftriebssicher montiert sein. Bei Hochwassergefährdung empfehle ich die haustechnischen Installationen, wie die Heizungsanlage, möglichst nicht im Keller unterzubringen
Grundsätzlich sollte man in einem hochwassergefährdeten Keller auf wasserempfindliche Konstruktionen und Baustoffe, wie mehrschalige Wandaufbauten, innenliegende Dämmschichten, Gipskarton-Vorsatzschalen oder Holzbekleidungen verzichten. Diese Konstruktionen verursachen im Schadenfall lange Trocknungszeiten bzw. haben einen hohen Wiederherstellungsaufwand.

Wo können sich Betroffene Hilfe holen, was die Beratung anbelangt? Zu welchen Beratungsstellen raten Sie und mit welchen Kosten müssen Interessenten für eine Beratung rechnen?

Grundsätzlich sollte man in einem hochwassergefährdeten Keller auf wasserempfindliche Konstruktionen und Baustoffe, wie mehrschalige Wandaufbauten, innenliegende Dämmschichten, Gipskarton-Vorsatzschalen oder Holzbekleidungen verzichten. Diese Konstruktionen verursachen im Schadenfall lange Trocknungszeiten bzw. haben einen hohen Wiederherstellungsaufwand.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat eine Hochwasserschutzfibel herausgegeben. Der Download ist hier kostenlos.
Eine dauerhafte zentrale Beratungsstelle für Hochwasserschäden- bzw. geschädigte ist mir nicht bekannt, meist werden bei den zumeist doch sehr lokal auftretenden Überschwemmungsereignissen aber durch örtlichen Behörden, Versicherer oder auch die Handelskammern temporär Beratung und Unterstützung geboten.
Bei speziellen Fragen zu baulichen Maßnahmen im Bereich Umbau und Neubau sollte man sich direkt an einen Architekten und Planer wenden, der Erfahrungen in diesem Bereich hat. Die Beratungsleistung kann im Rahmen der planerischen Tätigkeit für die Baumaßnahme abgerechnet werden. Alternativ kann der Architekt oder Baufachmann natürlich auch nach Aufwand eine individuelle Beratung vor Ort durchführen.

Was möchten Sie noch gerne zu dem Thema sagen?

Abschließend möchte ich betonen, dass eigentlich oberstes raumplanerisches und städtebauliches Ziel sein sollte, ausgewiesene Überschwemmungsgebiete oder hochwassergefährdete Gebiete von jeglicher Bebauung freizuhalten und der zunehmenden Versiegelung durch geeignete ökologische Ausgleichsmaßnahmen entgegenzuwirken. Das kann auch im privaten Bereich beginnen.
Das Interview führte Franziska Noriega für WDR2.